Familie der geflügelten Tiger (2016)

Paula Fürstenberg

Wie ist es, wenn man keine Erinnerungen hat an den eigenen Vater? Und keine an das Land namens DDR, in dem man geboren wurde? Wenn man auf das Gedächtnis anderer angewiesen ist, um die eigene Geschichte zu verstehen? Schon als Kind hatte Johanna eine Vorliebe für Landkarten, die die Welt überschaubar machten. Nach dem Abitur ist sie aus der Uckermark nach Berlin gezogen, wo sie zum Ärger ihrer Mutter eine Ausbildung zur Straßenbahnfahrerin macht. Mit Reiner, ihrem Ausbilder, bewegt sie sich durch das wohlgeordnete Linien-netz der Großstadt und lacht über alte DDR-Witze, ohne sie zu verstehen. Mit Karl, dem elternlosen Weltenbummler, beginnt sie eine Affäre. Ihr Vater Jens hat die Familie kurz vor dem Mauerfall verlassen, da war Johanna zwei. Außer einer Postkarte an der Wand erinnert nichts an ihn. Doch dann ruft Jens an, und Johannas Lebenskonstrukt gerät ins Wanken. Plötzlich gibt es zahlreiche widersprüchliche Versionen seines Verschwindens. Ist er geflohen? Wurde er verhaftet? Hatte Johannas Mutter etwas damit zu tun oder gar Honeckers Krankengymnastin? Paula Fürstenberg erzählt zart, lakonisch und voller feinem Humor von einer berührenden Vatersuche, von blinden Flecken, biografischen Brüchen und von der Notwendigkeit, eine Geschichte zu haben, in der man sich einrichten kann.

  • - Année de publication : 2016
  • - Pages : 240
  • - Éditeur : Kiepenheuer & Witsch
  • - Langue : Allemand

A propos de l'auteur :

Paula Fürstenberg :

Paula Fürstenberg, Jahrgang 1987, wuchs in Potsdam auf. Nach einem zweijährigen Aufenthalt in Frankreich studierte sie von 2008 bis 2011 am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel. Seither lebt, schreibt und studiert sie in Berlin. Ausgezeichnet wurde sie u.a. mit dem Hattinger Förderpreis für Junge Literatur und dem Arbeitsstipendium des Landes Brandenburg; 2014 war sie Stipendiatin der Autorenwerkstatt am Literarischen Colloquium Berlin. »Familie der geflügelten Tiger« ist ihr erster Roman.

© Joachim Gern

La maison d'édition :

Kiepenheuer & Witsch :

Der 1951 gegründete Verlag Kiepenheuer & Witsch ist ein deutscher Publikumsverlag mit Sitz in Köln, der kritische und populäre Sachbücher sowie literarische Werke von renommierten ebenso wie von jungen Schriftstellern publiziert. Derzeit werden die Werke von über 500 Autoren verlegt. Seit 1982 hat der Verlag eine eigene Taschenbuch-Reihe, die KiWi-Paperbacks,…

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1 avis
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  • Otmar
    19 janvier 2017

    Ein origineller Zug, der Ich-Erzählerin das Kartensammeln zuzuschreiben und sie als Straßenbahnfahrerin durch Berlin fahren zu lassen; die Autorin hätte die Stadt sehr viel mehr einbeziehen können. - Hat sie aber nicht, schade, eine verpasste Gelegenheit. Was bleibt, ist einer der zahlreichen Familienromane: der Protagonist auf der Suche nach Personen oder Erklärungen in einer bewegten Vergangenheit.

    • Martine
      19 janvier 2017

      In dem Roman geht es um das Erinnern und die Schwierigkeit zu einer Wahrheit über Vergangenes zu gelangen, wenn man selbst nicht Zeuge dieser Vergangenheit war. "In einer Familie gibt es keine Wahrheit, es gibt nur Geschichten“…und das selbe gilt auch für vergangene Geschehnisse. Ich finde sehr überzeugend die Art, in der die Autorin an das Thema herangeht. Johanna, die Protagonistin des Romans lebte mit den Eltern im Osten, in der DDr und eines Tages, als sie 2Jahre alt war , am 4. Oktober 1989 ist der Vater verschwunden. Mit 21 beginnt sie nach der Vergangenheit ihres Vaters zu forschen und wird dabei auch mit der Realität des DDR konfrontiert. Johanna gehört einer Generation an, die keine eigenen Erinnerungen an das Land hat, in dem sie geboren wurde. Ein Land, das verschwunden ist und das dennoch ihre gesamte Kindheit hindurch vorhanden war. Paula Fürstenberg gelingt es kraftvoll und zugleich unaufgeregt zu schildern, wie die Vatersuche zur Suche nach den eigenen Wurzeln wird: Was bedeutet Herkunft und wie viel DDR ist in den Wendekindern noch übrig? Witzig und melancholisch zugleich, ohne Sentimentalität aber trotzdem einfühlsam, intelligent gebaut. Toller Roman

  • J.C.M
    26 janvier 2017

    Une jeune femme qui avait deux ans à la chute du Mur et n’avait jamais connu son père, se lance dans une sorte d’enquête policière pour le retrouver, puis pour comprendre qui il était et pourquoi il a disparu de la circulation dans le passé. On suppose une équivalence symbolique entre cette recherche familiale et le questionnement sur ce que fut la RDA. Le texte du récit alterne avec d’apparents rapports de surveillance de la Stasi qui se révèleront, vers la fin du roman, avoir été rédigés par Johanna, la Ich-Erzählerin, qui les signe du nom de « Selene » (pas la lune, curieusement). C’est plutôt intéressant et bien fait, un ton d’une fausse naïveté efficace, en général ; l’étroitesse du monde évoqué (quelques membres de la famille, une famille bizarre désignée par les tigres ailés du titre + deux personnages masculins extérieurs sans grande fonction malgré leur caractère sympathique apparemment) correspond bien à la dimension monomaniaque de la recherche. Dans l’épilogue, 5 ans après la mort de Jens, le père, Johanna renonce finalement à creuser plus avant la question de la vérité historique et s’accommode de la réalité, obéissant ainsi tardivement à l’injonction de sa mère : « Vielleicht hörst du mal auf, nach hinten zu schauen ». C’est un document littéraire intéressant, assez typique de l’importance du passé dans les romans féminins actuels.

  • L.A.D
    26 janvier 2017

    Un livre réussi non dénué d’humour (en particulier dans la description du personnage de la mère) sur la nécessité de raconter des histoires et la paternité. Ce qui semble importer à Paula Fürstenberg n’est pas véritablement le passé de la RDA, mais le fait de trouver ses repères une fois ce passé disparu. Un roman qui peut s’inscrire dans ce que l’on nomme la « post-mémoire » où l’imagination l’emporte sur le souvenir.

  • A.B
    26 janvier 2017

    Johanna ist 21 und macht in Berlin - zum Leidwesen ihrer Mutter - eine Ausbildung zur Straßenbahnfahrerin. Sie stammt aus der Uckermark, wo ihre Mutter sie allein großgezogen hat. Bisher sei sie ganz gut ohne ihren Vater Jens ausgekommen, findet sie, als dieser überraschend eine Nachricht auf dem AB der Mutter hinterlässt, dass "das Kind" sich ja mal melden kann. Sie ringt sich mit widersprüchlichen Gefühlen dazu durch, wohl in erster Linie, um vielleicht die Motive ihres Vaters besser verstehen zu können, die 19 Jahre vorher dazu geführt haben, dass er sie und ihre Mutter einfach verließ und seither - bis auf eine banale Postkarte - ohne Nachricht geblieben ist. Sehr schnell wird allerdings klar, dass Johannas Hoffnung auf Aufklärung der Umstände sich nicht erfüllen wird…Während ihre Mutter stets gesagt hat, dass Jens in den Westen gegangen ist, tauchen dennoch nach und nach, durch das, was Johannas Halbschwester Antonia und auch Jens Mutter Hilde erzählen, neue Erklärungsmöglichkeiten für Jens' Verschwinden auf: Ist er damals von der Stasi verhaftet worden? Ist er gar nicht freiwillig gegangen? Johanna sucht nach Puzzlestücken, bastelt sich aus den Bruchstücken eigene Erklärungen zusammen, verfasst fiktive Vernehmungsprotokolle, Berichte, Vermisstenanzeigen, stets unterzeichnet von "Selene" (Tochter von Kleopatra, auf die im Buch mehrfach Bezug genommen wird.), die in den Text eingestreut sind, und deren Bedeutung sich mir erst mit fortschreitender Lektüre offenbart haben. Parallel lässt Johanna sich auf eine Beziehung mit Karl ein, einem Kollegen. Und auch in der Beziehung zu ihrer Mutter ist Klärung erforderlich. Welche Verbindung besteht zwischen ihrer Mutter und Reiner, Johannas Fahrlehrer bei der BVG? – Der Stil ist recht nüchtern, aber Johannas emotionales Hin- und Hergerissen-Sein, ihre Verletztheit darüber, im Stich gelassen worden zu sein, ihre Hoffnung auf eine "rationale" Erklärung, ihre Enttäuschung über die nicht zu füllenden Lücken werden doch glaubhaft und lesbar rüber gebracht. Trotzdem sprang der Funke für mich so richtig nicht über beim Lesen. Kann gar nicht so genau bestimmen, woran das lag. — Fazit: Ein Buch, das ich ganz gerne gelesen habe, ohne dass es mich unbedingt begeistert hätte.